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Weißenfels lockt Studenten

Forschung trifft auf Praxis: Junge Leute aus Leipzig und München sollen den Wandel in der Saalestadt begleiten. Welche Rolle dabei auch sogenannte Reallabore spielen.

Von Andreas Richter

Weißenfels eine Studentenstadt? Was gegenwärtig schwer vorstellbar ist, soll in den nächsten Jahren zumindest teilweise Wirklichkeit werden. Über das Projekt mit dem einigermaßen sperrigen Namen „T!Raum – TransferRäume für die Zukunft von Regionen“ will die Stadt Studentinnen und Studenten der Universität Leipzig und der Hochschule Weihenstephan München nach Weißenfels holen.

An der Auftaktveranstaltung im Weißenfelser Rathaus nahmen kürzlich rund 60 angehende Städteplaner, Ökologen, Kulturwissenschaftler, Soziologen und Erziehungswissenschaftler teil. „Die Studenten sollen den nachhaltigen Strukturwandel in Weißenfels begleiten“, so erklärt Oberbürgermeister Martin Papke (CDU) das auf mehrere Jahre angelegte Projekt. Wichtig sei ein unvoreingenommener Blick von außen auf die Entwicklung in Weißenfels. So sollen beispielsweise Seminare der Hochschulen regelmäßig in die Stadt ausgelagert werden. Studenten sollen zeitweise in der Saalestadt wohnen, um vor Ort die Auswirkungen gesellschaftlicher Umbrüche zu erforschen. „Forschung und Praxis kommen in einen Austausch. Das ist für beide Seiten sehr wertvoll“, meint Papke, der seit seinem Amtsantritt im August 2022 immer wieder betont, dass die Stadt mehr Impulse junger Leute braucht.

Spannend ist der sich anbahnende Austausch auch für Katrin Schade, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Stadtentwicklung und Bauwirtschaft der Universität Leipzig. Erste Kontakte zur Stadt Weißenfels habe es bereits im Jahr 2021 gegeben, so Schade, die sich in ihrer Forschung vor allem mit den Bereichen Innenstadtentwicklung und Leerstandsmanagement sowie mit den Auswirkungen der Migration beschäftigt. Im Oktober habe eine Exkursion in die Stadt geführt. „Manchmal wirft man uns an der Uni ja nicht zu Unrecht vor, in einem Elfenbeinturm zu sitzen. Mit dem Projekt wollen wir näher herankommen an die Stadt“, sagt sie zum Anliegen.

Wichtig für den Oberbürgermeister: „Die Bürger sollen aktiv in den ganzen Prozess eingebunden werden.“ Nach dem weiteren Kennenlernen der Stadt sollen dem ab Sommer nächsten Jahres auch sogenannte Reallabore in Weißenfels dienen. „Wir wollen vor Ort erforschen, wie die Stadtgesellschaft funktioniert“, erklärt Katrin Schade. Wer wohnt hier? Wie beteiligen sich Menschen am Leben in der Stadt? Wer beteiligt sich nicht und aus welchem Grund? Fragen wie diesen wollen die Studenten in Weißenfels nachgehen und dafür auch vorübergehend in der Stadt wohnen. Ab Herbst kommenden Jahres sollen dann „kleinere Formate“, wie Katrin Schade es nennt, ausprobiert werden, um zu erkunden, wie noch mehr Menschen bei der weiteren Entwicklung der Stadt mitgenommen werden können.

Welche Themen beim Versuch, Praxis und Forschung zusammenzubringen, vor allem in den Fokus rücken sollen, davon hat Oberbürgermeister Papke konkrete Vorstellungen. Das sind vor allem städtebauliche Großprojekte wie der Ausbau von Schloss Neu-Augustusburg als Behördensitz, der ehemalige Filmpalast „Gloria“, der Neubau der Bibliothek, der Bildungscampus am Kloster – und, ein spezielles Thema des OB, die Errichtung von Gebäuden in Lehmbauweise.

Ausgerichtet ist das vom Bildungsministerium des Bundes geförderte Projekt auf eine Zeit von bis zu neun Jahren.