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Begehrte Ware von nebenan

Am Gradierwerk in Bad Kösen ist der Wechsel des Schwarzdorns überfällig. Doch das teure Material ist kaum erhältlich. Jetzt kommt Hilfe aus der Nachbarschaft - aus Kleinheringen.

Von Holger Behrens und Michael Heise

320 Meter lang und 20 Meter hoch - wie eine gewaltige Wand steht das Gradierwerk im oberen Kurpark von Bad Kösen und ist die Sehenswürdigkeit des Ortes schlechthin. Doch die einzigartige salinetechnische Anlage ist in einem fragwürdigen Zustand. Das Füllmaterial, der Schwarzdorn, über den die Sole läuft, ist überfällig für einen Wechsel - seit vielen Jahren.

Doch Schwarzdorn ist selten, teuer und fast nur in Polen zu erhalten - und das Interesse an diesem nicht nur in Bad Kösen groß. Zuletzt hatte die Kurbetriebsgesellschaft Naumburg/Bad Kösen (Kubi) ein statisches Gutachten für Felder auf 90 Meter Länge in Auftrag gegeben - dabei blieb es, auch weil das Geld fehlte. Jetzt kommt unerwartete Hilfe - aus dem nahen Kleinheringen.

Im Dorf wohnt der 29-jährige Tim Sonnekalb, Sohn der gleichnamigen Hotelierfamilie und seit Kurzem Besitzer einer Fläche auf dem angrenzenden Wachtberg. Auf eben dieser Fläche, etwa 2.000 Quadratmeter groß, wächst Schwarzdorn - und der ist jetzt nicht nur erntereif, sondern diesen will der Kleinheringer, der am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Jena als wissenschaftlicher Mitarbeiter tätig ist, der Kubi überlassen. Kostenlos! Um die Ernte muss sie sich freilich selbst kümmern. Tim Sonnekalb: „Es hatte sich sehr schnell herumgesprochen, dass bei uns Schwarzdorn wächst, und es gab Anfragen aus Bad Dürrenberg, Bad Sulza und anderen Orten mit Gradierwerken. Doch für mich war klar, dass wir den Schwarzdorn für das Bad Kösener Gradierwerk zur Verfügung stellen.“ Derzeit wird das Schlehengewächs unter anderem mit Hilfe des Garten- und Grünanlagenbauunternehmens Krunig geschnitten und in Bündeln aufs Feld gestellt. Für welche Fläche am Gradierwerk es reichen könnte, ist noch nicht genau bezifferbar, doch soll es in jedem Falle in einem Feld auf dessen Westseite eingesetzt werden. „Wir werden dort die statischen Untersuchungen durchführen und Stellen, die geöffnet wurden, später mit dem neuen Schwarzdorn verfüllen. Das wird ein erster Schritt sein“, sagt Burkhard Jarzyna, Chef der Kurbetriebsgesellschaft, auf Nachfrage von Tageblatt/MZ.

Wie weit der Austausch des begehrten Füllmaterials erfolgen kann, wird sich zeigen müssen. Die Kubi und Sonnekalb haben sich jedenfalls auf eine Zusammenarbeit verständigt. Plan des Grundstücksbesitzers ist es, in der Perspektive die Schwarzdornfläche zu vergrößern. Das Gewächs kann aller drei bis vier Jahr geerntet werden. „Das alles ist eine vielversprechende Perspektive“, sagt Jarzyna, der den Ablauf weiterer Arbeiten am Gradierwerk abhängig vom Ergebnis der statischen Untersuchungen macht.